21.04.2020
Corona - kurz und knapp - 23. April

Ein Wort zum Tage von Pfarrer Armin Pöhlmann

„Thomas aber, einer der Zwölf, der auch Zwilling genannt wird, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Da sagten die anderen Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sagte zu ihnen: Wenn ich nicht an seinen Händen das Mal der Nägel sehe und nicht meinen Finger in das Mal der Nägel lege und nicht meine Hand in seine Seite lege, werde ich gewiss nicht glauben.“

Der ungläubige Thomas, so hat man ihn später genannt, diesen Jünger, der die Auferstehungsbotschaft nicht glauben will, bis er Jesus nicht selber gesehen hat. Das ist eigentlich unfair, denn auch die anderen Jüngerinnen und Jünger hatten es nicht geglaubt, dass Jesus auferstanden ist, bevor sie ihn gesehen hatten. Aber Thomas ist so berühmt geworden, weil er genau sagt, was passieren muss, bevor er es glaubt: Er muss Jesus selbst sehen, seine Wunden sehen und sie auch anfassen können. Eigene und persönliche Überprüfung dessen, was in Frage steht.

Am nächsten Sonntag bekommt Thomas tatsächlich die Gelegenheit dazu. Jesus erscheint wieder, und er fordert Thomas auf, seine Wunden zu berühren. Nichts deutet darauf hin, dass Thomas das tatsächlich getan hat. Er ist davon überwältigt, dass Jesus lebendig vor ihm steht und ihn auf diese Weise anspricht. Und er sagt: „Mein Herr und mein Gott!“

Wir leben in einer Welt, die immer mehr von Nachrichten geprägt ist, die wir nicht überprüfen können. Lächerlich wäre es, sich heute wie Thomas hinzustellen und sagen: „Also dass das Corona-Virus wirklich aus Fledermäusen von einem Tiermarkt in Wuhan kommt, das glaube ich erst, wenn ich es gesehen habe und anfassen kann.“ Die Nachrichten kommen aus aller Welt und aus allen möglichen Kanälen, und ich kann gar nichts mehr selbst überprüfen, sondern nur ungefähr abschätzen, welcher Quelle ich eher vertrauen darf – und diese Abschätzung erfolgt aufgrund meiner schon etwas älteren Schulbildung und aufgrund meines Instinktes, der mir sagen kann, ob eine Webseite seriös gestaltet ist.

Was kann ich glauben? Nachdem Thomas Jesus gesehen hat und glaubt, sagt Jesus zu ihm: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“ Puh, ist das nicht eine Aussage, die auch wieder auf Abwege führt? Oder geht es da nur um die Auferstehung und das ist eine rein religiöse Behauptung?

Ich denke, es geht darum, dass unsere Möglichkeiten, Dinge selbst zu überprüfen, einfach begrenzt sind. Da ist das Johannesevangelium gedanklich eigentlich schon modern und auf der Höhe der Zeit. Ich bin immer darauf angewiesen zu vertrauen. Aussagen und Behauptungen zu glauben, die ich nicht bis ins Letzte prüfen kann. Ich kann nur überlegen, ob die Quelle bisher vertrauenswürdig war, und ob mir das innerlich gut tut, Vertrauen entgegen zu bringen. Vielleicht haben Sie auch noch andere Maßstäbe – aber das Vertrauen ist immer der Kern. Ohne Vertrauen ist alles nichts, und die Welt wird zum Illusionstheater oder zum Horrorkabinett – je nach innerer Veranlagung.

So stehen wir nun, viele Tage nach Ostern. Dass Jesus auferstanden ist, das lese ich im Internet und ich sehe im Fernsehen Leute, die das sagen, und ich kann es im Gemeindebrief lesen. In den Läden stehen noch Restposten von Schokoladenhasen. Ich für mich sage: da lese ich doch wieder mal in der Bibel, dieser alten, seriösen Quelle, deren Zuverlässigkeit ich mittlerweile doch gut einschätzen kann nach all den Jahren, in denen sie mich begleitet hat. Und da steht, dass die Auferstehung von manchen bezweifelt wurde – aber dass sie doch wohl geschehen sein muss. Das ist für mich eine gute Nachricht.

 

Armin Pöhlmann, Eisenach.

Andacht Pöhlmann zu Thomas