17.12.2020
Lichtblick Advent - 17. Dezember

Ein Wort zum Tage von Pfarrerin Susanne-Maria Breustedt

Pünktlich zum meteorologischen Winteranfang kam dieses Jahr der erste Frost. Als es hell wurde glitzerten Gräser, Blätter und Zweige im Morgenlicht, Eiskristalle umhüllten die Blütenränder meiner letzten Rose. Der einzige Farbpunkt im Garten wurde noch einmal in ein besonderes Licht getaucht. Die Rosenblüte widersteht der Kälte, dem Winter, der die Pflanzen ruhen und neue Kraft sammeln lässt. Ein kleines Wunder. Wie die Geburt des Gottessohnes.

Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart, wie uns die Alten sungen, von Jesse kam die Art und hat ein Blümlein bracht mitten im kalten Winter wohl zu der halben Nacht.

heißt die erste Strophe eines alten katholischen Weihnachtsliedes. Ursprünglich war es ein Marienlied. Die Legende erzählt, dass der Trierer Mönch Laurentius zu Weihnachten eine vollerblühte Rose im Klostergarten entdeckt habe und dadurch zu diesem Text inspiriert wurde. Bis zu 23 Strophen wurden gedichtet zur Verehrung der Mutter Maria, vielleicht ist auch deshalb so schnell aus dem Reis´ eine Ros geworden.

Denn eigentlich zitiert das Lied den Propheten Jesaja, der ankündigt: Es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen. Auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn.

In das evangelische Gesangbuch kam das Lied durch den Komponisten Michael Preatorius. Er dichtete eine zweite Strophe und ließ die anderen Strophen weg. So wurde kurzerhand aus dem Marienlied ein protestantisches Kirchenlied, das das göttliche Kind als Wunder bekennt und preist. Seine Mutter ist die Frau, die Magd, die Gottes Willen erfüllt

Das Röslein, das ich meine, davon Jesaias sagt, hat uns gebracht alleine Marie, die reine Magd.
Aus Gottes ewgem Rat hat sie ein Kind geboren, wohl zu der halben Nacht.

Der vierstimmige  Chorsatz, den Michael Praetorius zu der alten Melodie komponierte,  gehört bis heute zu den beliebtesten Weihnachtschorälen. Die Ros oder das Reis, das Jesaja ankündigt, ist das Kind in der Krippe. Dieses Kind ist ein Wunder. So ein unbeschreibliches Wunder wie eine Rose, die mitten im kalten Winter aufblüht.

Susanne-Maria Breustedt, Creuzburg

S. Breustedt - Andacht