31.12.2020
Lichtblick am Altjahresabend

Ein Wort zum Tage von Pfarrerin Cornelia Biesecke mit Musik von Martin Biesecke

Alles hat seine Zeit

Altjahresabend- das klingt feierlich, besinnlich. Ist es ja auch. Die Gottesdienste, zu denen heute eingeladen werden kann, haben  etwas sehr besinnliches an sich. Oft sind sie verbunden mit einem Rückblick auf das Jahr. Was war das für ein Jahr! 2020 hat uns vieles abverlangt. Auch wenn die allermeisten Leute heute Abend sagen werden: Gut, dass es vorbei ist! - ich finde, es lohnt sich, auf dieses außergewöhnliche Jahr zurück zu blicken. Dabei hilft ein bekannter Bibeltext aus dem Buch des Predigers Salomo: Alles hat seine Zeit. In einer langen Reihe werden in diesem Text verschiedene Zeiten angeführt und zwar immer beides: Gutes und Schweres. Das erscheint mir sehr weise. Denn es gehört nun mal beides dazu und ist immer gelebte Zeit.

Die Bibelworte sind ein gutes Gerüst für einen Rückblick. Zum Beispiel: „Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit.“ Gerade letzteres war Corona bedingt oft anders als zu anderen Zeiten, es gab Einsamkeit und viel Schmerz, weil der Abschied nicht so möglich war, wie er hätte sein sollen. Doch daneben war immer auch Raum für Dankbarkeit, für gemeinsame, geschenkte Zeit. Und auch in diesem Jahr kamen Kinder zur Welt, allen Krisen zum Trotz.

„Klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit“ - so sagt es die Bibel. Tanzen und feiern war schwierig in diesem Jahr, dafür gab es umso mehr zu klagen: ausgefallener Urlaub, verschobene Hochzeit, abgesagte Konzerte und Gottesdienste. Raum gewonnen hat dafür die Kreativität. Von ausgetretenen Pfaden sind wir abgewichen, auch in der Kirche. Neue Formen und Formate wurden gefunden, ob sie tragfähig sind, wird sich erweisen.

„Pflanzen hat seine Zeit: ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit“: Leider hat der Klimawandel auch vor Corona nicht haltgemacht. In vielen Bereiches unseren Landes war es viel zu trocken, das Waldsterben hat sich erschreckend ausgebreitet. Doch wir dürfen wieder einmal dankbar sein, dass unser Tisch gedeckt war, dass wir genug zum Leben hatten. Dank und der wachsame Blick auf die Schöpfung gehören zusammen.

Und: Herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit.“ In diesem Jahr war es mit dem Herzen wirklich nicht einfach. Social Distancing war angesagt. Das hat vieles verändert. Doch innerlich dürfen wir ja verbunden bleiben, uns also ohne Berührung herzen. Wir haben gelernt, unsere Augen sprechen zu lassen, denn hinter den Masken ist oft nicht mehr von uns zu sehen. Und wir haben gespürt, wie kostbar Berührungen sein können und wie lebenswichtig. Alles hat seine Zeit.

„Meine Zeit steht in deinen Händen“ - dieser Spruch steht über dem Altjahresabend. Im Rückblick auf dieses so besondere Jahr wird mir deutlich, wie wenig ich die Zeit in Händen habe. Das muss mich nicht erschrecken, im Gegenteil. Ich vertraue auf Gottes Hand, die mich und meine Zeit in seinen Händen hält. So, wie es in einem der neueren Kirchenlieder heißt: „Meine Zeit steht in deinen Händen, nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir. Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden. Gib mir ein festes Herz, mach es fest in dir.“

Cornelia Biesecke, Eisenach

Musik: „Meine Zeit steht in deinen Händen“

C. Biesecke - Andacht 5