26.12.2020
Lichtblick Weihnacht - 2. Weihnachtstag, 26. Dezember

Ein Wort zum Tage von Diakon Jörg Rumpf

Kennen Sie das auch? Wenn man sich jedes Jahr neu mit der Weihnachtsgeschichte befasst, dann gibt es Lieblingssätze oder Figuren, die  besonders herausstechen. Mir fällt dabei sofort der Satz ein: „Fürchtet euch nicht“. Das, was der Engel da sagt, ist ziemlich wichtig. Es schafft Aufmerksamkeit, beruhigt, gibt Sicherheit gerade auch in unserer heutigen Zeit.

Über diesen Satz sind mir in diesem Jahr die Hirten ans Herz gewachsen. Und bei allem, was ich sehe und lese, habe ich sie, die Hirten, im Gedanken und finde ständig Neues über sie. Einen Text, den ich gefunden habe, möchte ich gerne mit Ihnen teilen:

Ein Hirte erzählt:

„Wir brachen sofort auf, nachdem die Engel uns die Botschaft gebracht hatten. Gewundert haben wir uns natürlich schon und verstanden haben wir es nicht. Doch unterwegs kamen uns Zweifel. Was, wenn alles wahr war und wirklich der Messias geboren war? Wir hatten ja nichts, was wir schenken konnten. So arm, wie wir waren und sind, was hatten wir bei den Herren zu suchen, wir, die Hirten, die Verachteten?

Aber doch, etwas zog uns weiter. Wir kamen zu dem Stall, und als wir eintraten und das Kind sahen, das da so armselig im Stroh lag, da erkannten wir, warum wir da waren: Wir hatten das Gefühl, mit dem Kind verwachsen zu sein. Lange standen wir so, bis einer von uns das Schweigen brach und sagte: „Du, Kind, bist aus unserer Welt - aus der Welt der Not, der Plage und des Zweifels. Wir wollen dir geben, was uns und dir gemeinsam ist.“

Und einer von uns nahm einige seiner Lumpen, mit denen er bekleidet war, legte sie auf das Stroh in die Krippe und sagte: „Nimm meine Lumpen. Du wirst sie einst tragen, wenn sie dir deine Kleider abnehmen und du allein und nackt sein wirst. Dann denke an mich.“

Ein anderer nahm Dornenzweige, in denen er unterwegs hängengeblieben war und die ihn blutig gekratzt hatten, von seinem Mantel, an dem sie noch immer hingen. Er sagte: „Nimm diese Dornen. Du wirst sie einst tragen, wenn sie dich verhöhnen und verspotten. Dann denke an mich.“

Ich beugte mich über das Kind und sagte: „Ich habe eigentlich nichts, außer meinen Zweifel und meiner Gottverlassenheit. Ich kann sie allein kaum noch tragen. Sie sind mir zu schwer. Teile sie mit mir. Trage sie vor Gott, wenn es soweit ist.“

Josef griff in die Krippe, um Lumpen und Dornen wegzunehmen. Aber sie ließen sich nicht aufheben. Es war, als ob sie mit dem Kind verwachsen wären.

Und wir Hirten? Nach langem Schweigen haben wir uns erhoben. Wir streckten uns, als ob etwas Schweres von uns gefallen wäre. Wir hatten einen Ort gefunden, wo wir unsere Last niederlegen konnten. Und als wir aus dem Stall heraustraten und zu unseren Herden zurückkehrten, taten wir es mit zuversichtlichem Blick und festem Schritt. *

Und so will ich es auch halten. Die schweren Dinge will ich bei Gott ablegen und mit zuversichtlichem Blick und festem Schritt in meinen Alltag gehen.

Eine schöne Advents- und Weihnachtszeit wünscht Ihnen

 Diakon Jörg Rumpf

 

Musik: Fidelrunde Bundweis - Tollite hostias aus Oratorio de Noel von Camille Saint-Seans

 

*aus: U. Klauke/N. Brockmann; „Angedacht“ Materialien für Gruppenarbeit und Gottesdienst; Matthias Grünewald- Verlag S. 44f.

Bildquelle: wordpress.com

Andacht Rumpf

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