03.09.2023
So soll es sein. so wird es sein.
prophetischer Versuch über Jesaja 29.17ff. Superintendent Ralf-Peter Fuchs
Predigt über Jesaja 29.17-24
Wohlan, es ist noch eine kleine Weile, so soll der Libanon fruchtbares Land werden, und was jetzt fruchtbares Land ist, soll wie ein Wald werden. Zu der Zeit werden die Tauben hören die Worte des Buches, und die Augen der Blinden werden aus Dunkel und Finsternis sehen; und die Elenden werden wieder Freude haben am HERRN, und die Ärmsten unter den Menschen werden fröhlich sein in dem Heiligen Israels. Denn es wird ein Ende haben mit den Tyrannen und mit den Spöttern aus sein, und es werden vertilgt werden alle, die darauf aus sind, Unheil anzurichten, welche die Leute schuldig sprechen vor Gericht und stellen dem nach, der sie zurechtweist im Tor, und beugen durch Lügen das Recht des Unschuldigen. Darum spricht der HERR, der Abraham erlöst hat, zum Hause Jakob: Jakob soll nicht mehr beschämt dastehen, und sein Antlitz soll nicht mehr erblassen. Denn wenn sie sehen werden die Werke meiner Hände – ihre Kinder – in ihrer Mitte, werden sie meinen Namen heiligen; sie werden den Heiligen Jakobs heiligen und den Gott Israels fürchten. Und die, welche irren in ihrem Geist, werden Verstand annehmen, und die, welche murren, werden sich belehren lassen.
Liebe Schwestern und Brüder
Heute also einmal grundsätzlich, weil der Predigttext dazu anstachelt. Also: Heute -mit weitem Blick aufs Ganze gegangen für all die Zeiten, in denen sich die Zuversicht verkrochen hat.
Wohlan, der Tag wird kommen, da wird unsere Welt ein schöner und guter Ort sein. Lebenswert, liebenswert jedes Land, jede Stadt, jedes Dorf, jeder Ort. Wir werden unsere Kinder liebhaben und unsere Alten ehren und die dazwischen auch. Wir werden stolz darauf sein, zu wissen, was wir alles nicht brauchen, um glücklich zu sein. Wir streiten nicht mehr über Gesellschaftstheorien und über steile oder flache Hierarchien. Jeder übernimmt Verantwortung fürs Ganze dort, wo er mit seinen Talenten gerade Hand anlegt. Und wir werden endlich wissen, dass ein Jeder verbunden ist mit Allem.
Es wird sie noch geben: Reichere und Ärmere. Aber der Unterschied wird nur noch so sein, dass man sich fröhlich in die Augen schauen kann. Die einen ohne Neid. Die anderen ohne Hochmut. Das Leben wird brüchig bleiben. Es gibt sie noch: den Tod, den Schmerz. Aber jeder auf Erden wird jemanden haben, der ihn dann in die Arme nimmt. Gelegentlich streiten noch eifrige Feministinnen mit eingefleischten Machos über den Gebrauch des generischen Maskulinums, aber immer bei einem guten Wein oder einer leckeren Schokolade. Und das Internet wird eine funktionierende Müllentsorgung haben. So soll es sein. So wird es sein.
Wohlan, es wird der Tag kommen, da haben wir die Namen all derer vergessen, die die Menschheit in Krieg und Streit und Unglück peitschten. Aber einmal im Jahr- am Karfreitag- gedenken wir lange und still der Opfer all der herzlosen Machtbesessenheit der Jahrtausende. Die Religionen werden sich in Jerusalem, der heiligen Stadt, auf das Bilderverbot geeinigt haben und darauf wach zu bleiben, wie und wann uns das Heiligste heute und morgen erscheint. Wir werden einander Gebet sein.
In jedem Haus wird es einen Topf geben für große Nudelportionen, die auch für Gäste reichen aus der Nachbarschaft oder von woanders her. Es wird immer genügend Parmesan da sein und selbstgemachtes Pesto auch. Und leise und still sei dazu gesagt - und nicht für jedes Ohr: Ab und zu ist auch ein gutes Steak dabei. Wir werden säen und ernten. Brot und Wein wird da sein und das Wörtchen „Danke“ wird uns wieder leicht über die Lippen kommen. Wir werden tanzen, musizieren, lieben, Texte schreiben, Blumen säen, Vögel füttern und uns zum Segen werden. Wir werden das Einfache lieben, das Leise wieder vernehmen, das Unscheinbare achten, das Kleine ehren und es wird uns leichtfallen, uns zu verneigen. Wir werden nicht mehr über den Frieden reden, sondern werden wissen, wie er sich anfühlt: am Morgen, am Abend und in der Nacht. Und der Mandelzweig wird blühen So soll es sein! So wird es sein! Und jeder lege jetzt seine Hoffnungsbilder hinzu.
Wir wissen nicht, wann es so weit sein wird. Wir wissen nicht, ob es erst der großen apokalyptischen Katastrophe bedarf oder ob wir dem Tag entgegenwachsen in dem Maß, wie Gottes Geist Raum in uns greift. Die biblischen Texte sind hier nicht eindeutig. Braucht es Wachstum und Wandlung oder braucht es das große Erschrecken über die Katastrophe? Beides scheint möglich. Wir wissen es nicht.
Wir wissen nur: Es gibt zwei Wahrheiten: Die eine Wahrheit: Alles kommt auf uns an! Die andere Wahrheit: Nichts kommt auf uns an! Beides ist wahr. Es braucht eine Haltung, der gelassenen Ungeduld, des tätigen Gottvertrauens, des sanften Eifers, der ruhigen Unermüdlichkeit, der betenden Tatkraft und der trotzigen Zuversicht.
Denn der Tag wir kommen, da wird unsere Welt ein schöner und guter Ort sein. Lebenswert, liebenswert jedes Land, jede Stadt, jedes Dorf, jeder Ort.
Nennt uns: Sozialromantiker, Gottesnarren, Phantasten, Utopisten, von mir aus auch: Spinner. Aber wer uns so nennt, der habe den Mut, uns zu zeigen, wie jene Welt aussieht, zu der er „Ja“ sagt. Wollen doch sehen, ob diese Welt lebens- und liebenswerter ist.
Amen